Zwischen Vision und Wirklichkeit
Man muss das Rad nicht neu erfinden: Fünf smarte Konzepte aus anderen Ländern zeigen, wie intelligent vernetzte Mobilität funktioniert.
Wien: Bis zum Jahr 2050 will Österreichs Hauptstadt mit seinen Maßnahmen die CO₂-Emissionen im Verkehr auf null reduzieren. So viel Auto wie nötig, so wenig Auto wie möglich, lautet die Devise. Statt Verbote stehen Angebote im Vordergrund: Mit der Jahreskarte zum symbolischen und um 20 Prozent reduzierten Preis von 1 Euro pro Tag wird der ÖPNV unterstützt. Im neuen Stadtteil Seestadt Aspern werden autonom fahrende Busse getestet. Und nach dem Motto „Nutzen statt besitzen“, wie es im 130 Seiten starken Wiener Mobilitätskonzept „STEP 2025“ heißt, werden massiv Angebote wie Carsharing, Fahrrad- und E-Scooter-Leihe gefördert.

Singapur: Autobesitz ist Luxus im asiatischen Stadtstaat, eine Lizenz kostet 30.000 Euro. Hinzu kommt eine Maut, deren Höhe vom Verkehrsaufkommen abhängt. Dahinter steht ein Leitsystem, das mit Positionsdaten von Taxis und Bussen arbeitet. Der ÖPNV wird ergänzt durch das Kleinbus-Start-up Beeline. Dessen Routen bestimmen die Fahrgäste selbst. Per App schließt man sich entweder anderen an oder wartet, ob sich Mitfahrer zum eigenen Ziel melden.
San Andrés de la Cañada, Mexico: Fünf Kilometer Luftlinie – dafür saßen Einwohner des Stadtteils von Ecatepec de Morelos bis vor drei Jahren fast eine Stunde im Bus. Dann wurde die Luftlinie für sie Wirklichkeit. Die Gondeln der Seilbahn Mexicable schweben in 20 Minuten über die Staus der Millionenstadt hinweg. An der Endstation haben die Passagiere Anschluss in die benachbarte Hauptstadt Ciudad de México. Leider geht es auf dem Stück noch genauso zäh voran wie früher.
Barcelona: Die katalonische Hauptstadt gehörte zu den Vorreitern der Smart-City-Bewegung. Anfangs ging es vor allem darum, über Tausende von Sensoren die Umweltbelastung durch Lärm und Abgase zu messen und zu senken. Alle Daten sind über die Plattform „Sentilo“ frei zugänglich. Inzwischen liegt der Schwerpunkt darauf, den Bürgern die Hoheit über ihre Daten zu geben. Die Stadt forciert Open Data und freie, nichtkommerzielle Software.

Helsinki: In der finnischen Hauptstadt bietet ein Start-up unter der Marke „Whim“ Mobility-as-a-Service, kurz MaaS. Je nach Bedarf fahren die Abonnenten mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder leihen sich ein passendes Auto aus dem Fuhrpark der Firma aus. Die Mobilitätsflatrate kostet 499 Euro im Monat; es gibt auch einen Tarif, bei dem Autos nach Nutzung berechnet werden. Wenn das Geschäftsmodell funktioniert, dürfte es Schule machen. Knackpunkt: Gibt es wirklich immer das Wunschauto, wenn man es braucht?